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Was für ein Winter - La Nina hat die Windsurfjahreszeiten im Pazifik ordentlich auf den Kopf gestellt! Zunächst war alles wie gewohnt, die Trade Winds und South Swells machten sich im Oktober langsam rar auf Oahu.

Das einzig Ungewöhnliche war nur, dass die Wellen am North Shore nicht so richtig in Gang kommen wollten. Normalerweise gibt es schon im September, spätestens aber im Oktober die ersten „High Surf Advisory“ Swells - dieses Jahr nichts dergleichen.

Im November gab es dann eine heftige Regenperiode, aber wenigstens gesellten sich pünktlich zu den ersten Triple Crown Wettbewerben höhere Wellen an den North Shore. Beim O’Neill World Cup of Surfing am Sunset Beach war es sogar so dick, dass die Wellenreitprofis einen Tag lang nicht aufs Wasser gelassen wurden.


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Auf Maui ereignete sich an jenem Tag folgendes:
Laird Hamilton und sein Tow-in Partner Brock Little waren als einzige auf den Outer Reefs von Sprecklesville in bis zu 80 Fuß hohen Wellen unterwegs. Laird surfte ein solches Monster, als er realisierte, dass seine Welle in einen fetten „closed out“ münden würde. Daraufhin entschied er sich, vorzeitig in das Wellenface einzutauchen und schwamm sprichwörtlich von der Vorderseite durch die Welle hindurch auf die Rückseite!

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Brock Little war sofort mit dem Jetski zur Stelle, um ihn aufzulesen. Das Problem war nur, dass es die erste Welle eines 5er Sets war, und die restlichen vier gleich im Anmarsch waren. Die beiden brausten vergeblich full-speed auf dem Jetski vor dem nächsten Monster her und wurden von der Weißwasserwalze schließlich eingeholt und gnadenlos überrollt. Als die beiden wieder nach Luft schnappten, kamen erst noch die restlichen Klopfer des Sets auf den Kopf.

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Dann merkte Brock Little, dass sich sein linkes Bein irgendwie komisch anfühlte, und als er genau hinfasste und –schaute, sah er, dass eines der Tow-in boards ihm beim Wipe Out mit der Aluminiumfinne den kompletten Unterschenkel aufgeschlitzt hatte. Laird war nicht weit von ihm aufgetaucht, aber der Jetski war eine halbe Meile weiter gespült worden. Laird zog kurzerhand blank, um mit seinem Shorty die Blutung an Brocks Unterschenkel abzubinden und schwamm dann im Adamskostüm in 15 Minuten die halbe Meile zum Jetski.



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Derweil trieb Little als blutender „Köder“ im Wasser, angeblich hing die Hälfte seines Wadenmuskels aus dem Bein heraus. Am Jetski angekommen verständigte Hamilton sofort über Funk den Notruf und sammelte Brock dann mit dem Jetski ein, um ihn zum Strand zu bringen, wo in der Zwischenzeit ein Krankenwagen wartete. Im Krankenhaus wurde Little’s Wadenmuskel in einer Stunde chirurgischer Feinstarbeit wieder angenäht und die äußere Wunde mit 56 (!) Tackern verschlossen. Laird soll noch am gleichen Nachmittag wieder in den Wellen unterwegs gewesen sein.


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Zurück nach Oahu, wo die Dinge im Dezember ihren Lauf für einen der windigsten Winter der letzten Jahre nahmen. Es ging los mit einer Woche starken Kona Winds, d.h. aus Südwest, also der entgegengesetzten Richtung vom Passat. Auf Oahu bedeutet das anspruchsvolle Nordsee-Bedingungen mit leicht auflandigem Wind von rechts. Eine knackige Abendsession bei kraftvollen und bis zu logohohen Brechern mit schräg auflandigem Wind am Diamond Head erinnerte mich an gute Tage daheim.

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Die Woche darauf kehrten die Trade Winds zurück und sollten nicht mehr aufhören bis zur ersten Februarwoche. Dezember und Januar waren jeweils windiger als jeder Sommermonat des letzten Jahres, eigentlich undenkbar für das Winterhalbjahr! Es gab viele unvergessliche „after work Sessions“ bis in den Sonnenuntergang hinein.



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Im Winter zaubert das Abendlicht ein besonderes Farbenspiel in den Himmel am South Shore, da die Sonne nicht wie im Sommer hinter den Bergen verschwindet, sondern direkt ins Meer untergeht. Einige Male ritten wir Wellen ab, die im wahrsten Sinne des Wortes in „orange-rotes“ Licht eingetaucht waren. Nicht selten blies es dabei für das 4,7er (die kleinste Segelgrosse auf Oahu) und Windswells, sowie ein paar überraschende Einlagen aus Neuseeland, bescherten uns eine Dünung am South Shore, die deutlich höher als für diese Jahreszeit üblich ausfiel.

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Außerdem näherte sich mein Forschungsprojekt an der Uni mit großen Schritten dem Ende, und inzwischen sitze ich wieder in Köln und schreibe an den letzten Seiten meiner Doktorarbeit. Ob ich danach wieder in meine zweite Heimat zurückkehre oder von nun an wieder an der holländischen Küste „heimisch“ werde, steht noch nicht endgültig fest, aber zumindest versuche ich mich schon mal vorsichtshalber an die frischen Temperaturen hier zu gewöhnen...


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