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Sardinien 2007
Wir sind dann mal weg… So lautete Anfang April unser Motto, in Anlehnung an Hape Kerkelings Bestseller. Und dieser kurze Satz traf es ziemlich genau, auch wenn wir nicht auf einem Pilgerpfad auf der Suche nach Gott, Erleuchtung oder uns selbst unterwegs waren, sondern unterwegs auf der Suche nach Wind, Wellen und Sonne. Und all das müsste doch eigentlich auf der Mittelmeerinsel Sardinien um diese Jahreszeit zu finden sein... so dachten wir jedenfalls.

Aber: Irgendwie war dieses Jahr alles anders als gedacht. Schon die Windvorhersagen vor unserer Abfahrt sahen, nun ja, nicht gerade rosig aus. Aber auf einer Insel, da sollte sich doch eigentlich immer ein Strand mit Wind aus der richtigen Richtung finden lassen.

Und so fanden wir uns auch tatsächlich bei erhofftem Sonnenschein an der Nordostküste ein, nachdem uns ein spektakulärer Sonnenaufgang auf der Insel begrüßt hatte. Zum Sonnenschein gesellte sich auch Wind, 15-20kn, dazu ein nahezu unbevölkerter Strand und traumhafte Wasserfarben fast für uns alleine, da die meisten der zahlreichen Touri-Surfer versuchen, sich im Getümmel von Porto Pollo gegenseitig umzufahren.

So verlief der erste Tag schon einmal genau nach Plan, was in Italien ja grundsätzlich mehr als ungewöhnlich ist. Aber eigentlich wollten wir ja auch mal ein paar der netten sardischen Wellen abgreifen. Unsere einheimischen Informanten meldeten tatsächlich für den nächsten Tag brauchbare Bedingungen in Chia, am Südende der Insel. Also wurde kurzerhand im Schutze der Dunkelheit die Insel einmal längs durchquert, was allerdings nur dann wirklich empfehlenswert ist, wenn man die Strecke zumindest einigermaßen kennt.
Sardinien 2007
An dieser Stelle sei ein Einschub über italienische, bzw. deren Steigerung, sardische Strassen erlaubt. Während schon die Streckenführung an sich in Italien nicht zwingend von dem Grundsatz der kürzesten Strecke von A nach B bestimmt wird, sondern eher kreativen und spontanen Einfällen zu folgen scheint, wird dies noch ergänzt durch den Zustand der Strassen, in deren Schlaglöchern schon ganze Kleinwagen verschwunden sein sollen, und dem vollständigen Fehlen von Beschilderung respektive gezielter Desinformation.

Ein gutes Beispiel findet sich derzeit – und so wie es aussieht auch noch für längere Zeit – am Ortseingang von Putzu Idu an der Westküste. Dort wird mittels Schild am Ortseingang der Verkehr autoritär umgeleitet. Befragt man Einheimische nach dem Grund, stellt sich heraus, dass lediglich vergessen wurde, dieses Schild nach einem Ortsfest im Sommer 2006 wieder zu entfernen...

Schildern und Strassen zum Trotz erwachten wir am nächsten Morgen in Chia, hatten jedoch irgendwie nicht unbedingt das Gefühl wirklich in südliche und damit wärmere Richtung gefahren zu sein. Es war einfach rattenkalt… Aber zumindest zeigte sich das Mittelmeer von seiner bewegten Seite und auch der Wind kam sideshore von links- ein Traum! Der Strand selber war relativ voll, da dort gerade die italienischen Wave-Meisterschaften ausgetragen werden sollte. Wer allerdings erwartet hatte, das es eine straffe Organisation mit striktem Zeitplan geben würde, incl. Strandsperrung wegen des Contests… nun… der war noch nicht oft in Italien. Vielmehr konnten wir in Erfahrung bringen, dass der Wettbewerb so circa ungefähr eventuell wahrscheinlich gegen 12 Uhr anfangen sollte.

Sardinien 2007
Würde es beim DWC so eine Regatta-Organisation gebenm hätte das sofort eine riesengroße Protestwelle und stundenlanges Gezeter zur Folge! In Italien ist man da wesentlich entspannter und alle Teilnehmer wirkten sehr locker. Angesichts des Verkehrs auf dem Wasser hätte der geneigte Zuschauer wahrscheinlich aber eher auf eine Slalomregatta als auf einen Wave-Event getippt, wobei sich die Einheimischen von Zugereisten leicht an den Neoprenhauben und Langarmanzügen unterscheiden ließen. Mit 5.3 hatten wir jedenfalls viel Spaß in den Wellen, auch wenn man sie sich teilweise mit Schwimmern, herrenlosem Material, Kitern, Surfern und was auch sonst noch teilen musste.

Contest-technisch hätte Flo mit seinen Goiter-Versuchen beim Rausfahren zumindest in der Kategorie „Best Crash“ weit vorne gelegen, während Chris beim Wellenabreiten spontan auf sein Segel verzichtete und so Brett und Rigg getrennt anlandeten. Jedenfalls hatten sich die rund 350, wohlgemerkt sardischen, Kilometer gelohnt. Aber leider war für Chia für den nächsten Tag völlig inakzeptabler Regen und weniger Wind aus suboptimaler Richtung angesagt, also? Also ging es in der Abenddämmerung zurück an die Westküste, zu Daniele, unserem sardischen Kontaktmann.

Daniele koordiniert als Kioskbesitzer am Strand von Putzu Idu bei Capo Mannu nicht nur die dortige Surfszene sondern scheint auch in den umliegenden Restaurants ein besonderes Zahlungssystem entwickelt zu haben. Jedenfalls scheiterte unser Versuch, ihn zum Essen einzuladen kläglich und endete damit, dass wir unsere Riesenpizzen nicht zahlten, sondern von der Wirtin noch Geld bekamen...aber man muss ja auch nicht alles verstehen....

Eigentlich wohnt Daniele perfekt direkt an einem der besten Wellenreitspots des Mittelmeers, aber...tja, ohne Wind keine Wellen. So blieb uns nur, einen neuen Rekord im Cappuccino trinken aufzustellen, denn die Wind- und Wettervorhersage für ganz Sardinien verhieß nichts Gutes. Wer allerdings Flo schon einmal nach einer Flasche Cola erlebt hat, kann sich eine ungefähre Vorstellung davon machen, wie hibbelig er nach 4-5 Cappuccini ist. Um ihn also irgendwie ruhig zu stellen und vor allem von Danieles Cafemaschine wegzubringen, machten wir uns wieder auf in den Norden, Richtung Porto Liscia, und zwar im inzwischen strömenden Regen, der auch für die nächsten 48h in verschiedenen Varianten bestimmend bleiben sollte.


Sardinien 2007
Uns blieb also nur, auf Flautenbeschäftigungen wie Scrabble auszuweichen, mit 4-fachem Wortwert für Wörter mit Surfbezug.....Mastmanschette oder Vorlieksstrecker hätten also fast zwangsläufig den Sieg gebracht. Kurz bevor der Lagerkoller eintrat, kam dann Nachts Wind, was dazu führte, dass Flo bereits im Morgengrauen hektisch im Neo – im immer noch strömenden Regen – aufriggte und wir uns kurz darauf bei Temperaturen und Wasserfarben, die eher dem Ijsselmeer zuzuordnen gewesen wären, auf dem Wasser wieder fanden, während die Italiener am Strand original mit Skihandschuhen und Wollmützen ihr Material aufriggten.

Leider verschwand der Wind mittags, aber damit wenigstens auch der Regen, so dass zumindest das Touri-Programm entlang der Nordküste nun Sinn machte. An dieser Stelle sei auch ein Ausflug nach Castelsardo mit seinem Burgberg empfohlen, vor allem aber wegen dem kleinen Ristorante von Mama Angela. Die fürchtete angesichts unseres Hungers ein wenig um den Inhalt ihres Aquariums, aber mit doppelten Nachtischportionen konnte das schlimmste verhindert werden.


Eine Null-Diät zur kurzfristigen Gewichtsreduzierung wäre bei den folgenden Schwachwindtagen allerdings eher angezeigt gewesen- es war, nun ja, schlichtweg „flautig“. Und zwar so sehr flautig, dass sogar Flo sich aus Verzweiflung auf den Kursrenner stellte um sich mit dem 11er Segel krampfhaft ins Gleiten zu pumpen. Und das will schon was heißen… Das Ganze hatte den lustigen Nebeneffekt, dass am anderen Ende der Bucht einige Surfer hektisch aufriggten, nur um dann festzustellen das sie nicht an die von Flo stark nach unten korrigierte Gleitschwelle heran kamen.

Kurz bevor sich Flo soweit war, sich für die komplette DWC Saison im Kursrennen anzumelden, meldeten sowohl Wetterdienste als auch unsere einheimischen Quellen wieder Wind- natürlich am südlichen und damit entgegen gesetzten Ende der Insel: In Chia. Aber die Strecke kannten wir ja bereits, und was sind schon ein paar sardische Kilometer mehr...?

Tatsächlich kamen sowohl der angesagte Wind als auch Sonne für die abschließenden Tage, und zwar sowohl im Süden als auch im Norden, so dass wir uns langsam in Richtung Fährhafen zurückarbeiten konnten, bis schließlich die letzten Kilometer auf Sardinien vor uns lagen- und das obwohl wir inzwischen auf Karten verzichten und die Strecken blind, bzw. im Halbschlaf fahren konnten...schade eigentlich. Aber die verbleibenden Kilometer bis ins warme Deutschland trösteten ein wenig, ebenso wie die Aussicht auf den nächsten Trip, nach Sardinien oder wohin auch immer, wenn es wieder heißt: „Wir sind dann mal weg!“
Sardinien 2007
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